Vokalmusik
überzeugend und abwechslungsreich präsentiert
Man nehme eine Sopranistin, eine Altistin, einen Tenor, zwei
Baritonisten und einen Bass – alles hervorragende Solisten -
und
beschließe, ein breites Repertoire an eingängigen
Stücken unkonventionell und einfallsreich zu
präsentieren:
Und schon hat man die erfolgreiche Mixtur für einen gelungenen
Auftritt, der keine Wünsche offen lässt und unter dem
Namen
„Vocalissimo“ im Gedächtnis haften bleibt.
So zu erleben am Sonntagabend in der Laurentiuskirche in
Fränkisch-Crumbach im alljährlichen
„Konzert in der
Kirche“ im November auf Einladung des ortsansässigen
gemischten Chores. Der italienische Begriff „a
capella“ gab
dem Programm seinen Namen, der „Gesang, unbegleitet von
Musikinstrumenten“ bedeutet. Dieses Genre der
populären
Musik boomt seit Mitte der 1990er Jahre, und just seit 1992 existiert
das Ensemble mit wechselnder Besetzung, das über das
Rhein-Main-Gebiet hinaus bei privaten Feiern und öffentlichen
Konzerten die Zuhörer immer wieder begeistert.
Zunächst füllte das getragene, vierstimmige
Stufenmadrigal
„Locus iste“ (dieser Ort ist von Gott geschaffen)
das
Gotteshaus, 1869 von Anton Bruckner für die Einweihung einer
Votivkapelle des Neuen Doms in Linz komponiert. Wie das vorhergehende
Stück erklang von der Empore herab die romantische Vertonung
des
Psalms 23 „Der Herr ist mein Hirte“ von dem
für seine
Vokalkompositionen bekannten Bernard Klein (1793-1832). Faszinierend
die hohen klaren Frauenstimmen, die über die Köpfe
der mehr
als 160 Besucher hinwegzuschweben schienen. Eindringlich und bittend
anschließend Josef Rheinbergers (1831-1901) Abendlied mit dem
Lukas-Text: „Bleib bei uns, denn es will Abend
werden“.
Nach
dieser eindrucksvollen Huldigung an den kirchlichen
Aufführungsort
begab man sich im wahrsten Sinne des Wortes auf eine
„tiefere“ Ebene: Im Rhythmus eines
französischen
Tourdion (Schreittanz) lief das Sextett durch den Mittelgang und
positionierte sich mit dem lebhaften spanischen „Fatal la
porte“ vor dem Altar. Nach einem humorvollen
wortspielerischen
Abgesang auf diverse Mäusearten outete sich als erstes Sascha
Lüürsen mit der Aufforderung
„Versuch’s mal mit
`nem Bass“. Der Glatzkopf mit Zwirbelbart und der
volltönenden Kellerstimme eröffnete damit solistisch
den
Reigen der swingenden Stücke wie „Lass mich dein
Badewasser
schlürfen“ und „Kleiner
Teddybär“; bei dem
Tenor Jörg Hofmann, „der singende
Stangenspargel“, dem
kuscheligen Pelztier ein schwungvolles Denkmal setzte. Der
„Rosarote Panther“ drehte an der Uhr –
und schon war
Pausenzeit.
Positions- und Farbwechsel im Anschluss: Die weißen Oberteile
gegen schwarze ausgetauscht – dabei wies jeder einen
orange-roten
Farbtupfer in Form eines Blumenansteckers, einer Krawatte oder
Gürtels auf - schallte die Titelmelodie von „Mr.
Bean“
durch die Apsisfenster und von der Kanzel herunter. Der Komiker, wegen
seines lebhaften Mienenspiels auch „rubber face“
(Gummigesicht) genannt, erschien persönlich und nahm das
Auditorium durch seine Gummimaske ins Visier.
Die
humorvolle, mimisch und gestisch unterlegte Präsentation der
Songs
machte neben der ausgezeichnete Sangeskunst die Darbietung
äußerst unterhaltsam. Von wegen „keine
Instrumente“: Beim fetzigen „Lollipopp“
„ploppte“ es punktgenau aus dem Mundraum vom immer
gut
gelaunten Bariton Jörn Reccius, bevor die Damenherzen bei
James
Taylors „You are my only one“ dahinschmolzen. Mit
sanftem
Blick wurde das Liebeslied von Bariton Stefan Born aus Frankfurt
gefühlvoll intoniert, während sich das restliche
Quintett
klatschend als Percussion-Orchester betätigte.
Und wie wirkt man „cool“? Mit einer schwarzen
Sonnenbrille
natürlich! Derart „verkleidet“,
hieß es
„It’s allright“ von Huey Lewis im gekonnt
umgesetzten
2-4-Taktschwerpunkt Nach einer bildhaften Musikerzählung
„Sonntagnachmittag im Park“ und dem balladesken
„Heavenly“ von Harry Conmick jr. (Der Mann im Mond
lächelt verliebt) gab es ein „Special“
für
Beatles-Fans: Auf das mit zartem „zizizi“ von der
jungen
Altistin Gabi Maikranz begleiteten „Blackbird“
folgte ein
Wiederhören mit dem dynamischen „Obladi,
oblada“ und
„Eight days a week“ – längst
hatte der Funke
gezündet und die Zuhörer in den Bänken
wippten und
klatschten mit. So viel Dynamik im orchestralen Sound verlangte mittels
zusätzlicher Bravorufe und anerkennenden Pfiffen nach Zugabe
– beim „Da-do-Ron-Ron“ gab es sogar noch
eine
Steppeinlage des Sextetts. Im Sängerstreit zwischen
Jörg
Hofmann und Inken Schwarz ließ die
„Powerfrau“
treffsicher ihren opernreifen Koloratursopran hören.
Den Schlusspunkt unter diesen glanzvollen Auftritt des Sextetts, dessen
Mitglieder ihren Alltag beispielsweise als Fahrer im Sozialdienst,
Familienmanagerin, Personalfrau für Gehälter und
Verträge, Computerfachmann und Reiseverkehrsmann bestreiten,
setzte das Brahmssche Wiegenlied „Guten Abend, gute
Nacht“,
kunstvoll in eine leicht dissonante Schieflage
verpackt.
Fotos und Text Sabine
Koch