Das Kirchenjahr - „Man muss die Feste feiern, wie sie fallen“ (H. Salingé)
Der OsterkreisAngefangen
hat das Feiern der Christen nicht mit Weihnachten, wie man erwarten
könnte, sondern mit Ostern! Die neue Botschaft heißt: Jesus
ist von den Toten auferstanden, er nahm dem Tod die Macht. Er ist der
Friedensbringer, den die Propheten verheißen haben, der Messias,
auf den das Volk Israel lange gewartet hat. Diese Überzeugung
unterscheidet die ersten Christen von ihrer Umgebung. Das ist das
Besondere, das Einzigartige. Das gilt es hervorzuheben. Und weil die
Erinnerung an Ostern für die ersten Gemeinden so wichtig ist,
deshalb feiern sie nicht mehr den Sabbat als Ruhe- und Feiertag,
sondern den Sonntag, als ersten Tag der Woche und zur Erinnerung an die
Auferstehung als ein kleines Osterfest.
Im Jahr 325 wird Ostern
durch den Bischof von Rom auf den ersten Sonntag nach dem
Frühjahrsvollmond festgelegt. Die unterschiedlichen
Ostertermine werden also bis heute vom Mondkalender bestimmt.
PassionszeitVor
dem Osterfest etabliert sich in den folgenden Jahrhunderten eine
Fastenzeit. „Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt,
gestorben und begraben“ – mit wenigen Worten umreißt
dieser Satz aus dem Glaubensbekenntnis den Abschnitt im Leben Jesu, dem
im Kirchenjahr die vierzig Tage vor Ostern gewidmet sind. In biblischen
Geschichten tauchen die „vierzig Tage“ häufig auf und
beschreiben besondere Zeiten, z.B. zog das Volk Israel vierzig Jahre
durch die Wüste (5. Mose 2,7).
Die Passionszeit soll auf das
Osterfest vorbereiten. Sie beginnt nach Fastnacht mit dem so genannten
Aschermittwoch. Er hat seinen Namen von dem (heute in der Katholischen
Kirche immer noch geübten) Brauch, den Gläubigen ein
Aschenkreuz auf die Stirn zu zeichnen. Asche als Zeichen der
Vergänglichkeit und Buße.
Die Zeit vor Ostern ist,
anders als Advent, keine Zeit der Vorfreude, sondern eine Zeit des
Innehaltens, der Buße und der Stille. So wird die Mischfarbe
violett in dieser Zeit ausgewählt. Sie kennzeichnet wie im Advent
die Zeit des Übergangs. In der Passionszeit verdeutlicht violett
das Verbindende zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen der Welt und
dem Reich Gottes und deren spannungsreiche Bezogenheit.
Fastenzeiten
waren immer Zeiten der Besinnung, der Läuterung und der Umkehr.
Man enthielt sich bestimmter Speisen oder der Nahrung überhaupt,
weil man sich auf das Wesentliche beschränken wollte: Der Mensch
lebt nicht vom Brot allein, sondern auch gerade von Gottes Wort.
7 Wochen Ohne
Seit
25 Jahren lädt die Fastenaktion der Evangelischen Kirche ein, die
Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag bewusst zu erleben und zu
gestalten. Das Motto in diesem Jahr: „Verschwendung“, 7
Wochen ohne Geiz, will auf die Fragen unserer Zeit aufmerken lassen:
Was bringt mir was? Was nützt es? Die Erwartung, dass man für
heute Investiertes schon morgen Erträge bekommen müsse,
tötet jede spontane Geste. Die Idee der Veranstalter meint: Wenn
alle aufhören, mit ihren Gaben zu geizen, seien sie materieller,
seelischer oder geistiger Art, könnte das Eis zwischen Menschen
auftauen. Nähere Informationen erhalten Sie unter
www.7-wochen-ohne.de.
KarwocheTrauer
und Nachdenklichkeit, sich Besinnen, all das hat in unserem Alltag
wenig Platz. Um so deutlicher kann die Woche vor Ostern als
„Einschnitt“ empfunden werden. Das Kirchenjahr nennt die
Woche vor Ostern „Karwoche“. In dieser Zeit wird in
Andachten und Gottesdiensten an das Leiden und Sterben Jesu erinnert
(althochdeutsch „kara“, Wehklage). Diese Zeit können
wir aber auch für uns persönlich nutzen zum Innehalten, zum
Trauern, zum Überprüfen unseres Standorts, vielleicht auch,
um Pläne für eine Veränderung zu entwickeln.
Mit dem
Palmsonntag beginnt die Karwoche. Der Name Palmarum tauchte zuerst um
600 n. Chr. in Spanien auf. Er ist nach der
Begrüßungszeremonie beim Einzug Jesu in Jerusalem benannt.
Menschen legten Palmzweige auf die Straße, über die Jesus
auf einem Esel reitend einzog. Im Evangelium des Matthäus (Kapitel
21, Verse 1-11) ist dieser Einzug beschrieben. In katholischen
Gemeinden finden am Palmsonntag die Palmweihe und die Palmprozession
statt.
Am Vorabend des Karfreitags, dem Gründonnerstag,
denken Christen an das letzte gemeinsame Mahl, das Jesus mit seinen
Jüngern hielt. Anschließend, so berichten die Evangelisten,
verbrachte Jesus die Nacht in Todesangst, während seine
Jünger schliefen. An die Angst dieser Nacht erinnert der Name
Gründonnerstag, der sich nicht von der Farbe ableitet, sondern vom
althochdeutschen „Grunen“, dem „Greinen“ oder
Weinen.
In unserer Kirche findet eine Passionsandacht am
Gründonnerstag um 20 Uhr unter Mitwirkung des Posaunenchors statt.
Um
der Trauer am Todestag Jesu Ausdruck zu verleihen, wird am Karfreitag
die liturgische Farbe schwarz gewählt. „Kara“ bedeutet
Klage. Warum stellen wir Christen den Leidenden, ans Kreuz gebundenen
Jesus in unseren Kirchen auf? Vielleicht deshalb, weil ein auf einem
Marmorsockel thronender Muskelprotz so weit weg wäre von unserem
Leben, weil doch das Leid zu unserem Leben gehört? Vielleicht
können wir uns einem Gott, der mit-leidet leichter und intensiver
anvertrauen. Vielleicht brauchen wir einen, der mit-geht in alle Tiefen
und Hoffnungslosigkeiten? Auch darum geht es in der Predigt des
Gottesdienstes, der um 10 Uhr unter Mitwirkung des Kirchenchors
stattfindet.
In unserer Gemeinde ist es Brauch, zur
angenommenen Sterbestunde Jesu am Karfreitag die Glocke zu läuten.
Diese „Totenglocke“ läutet immer dann, wenn Menschen
aus unserer Gemeinde gestorben sind, in der Regel am Todestag um 15
Uhr. Die Glocke lässt uns mitten im Alltag nachdenken über
das eigene Sterben. Und sie erinnert uns an die Hoffnung, dass wir bei
Gott sind, im Leben und im Sterben.
OsternOstern
ist der bedeutendste Feiertag für die Christen. Deshalb steht die
liturgische Farbe weiß im Vordergrund, die Farbe des Lichts.
Ostern erinnert an die Auferstehung Jesu nach seinem Leiden und Sterben
am Kreuz. Auferstehung kann auch heißen: Hoffnungslosigkeit
verwandelt sich in Zuversicht, Erstarrtes wird lebendig!
Ostern
kann zeigen, dass nicht alles trost-los bleibt. Ostern kann ein
Sinnbild dafür werden, dass Angst und Mutlosigkeit, Trauer und Tod
nicht das letzte Wort haben. Weil Christen daran glauben, dass
Christus nicht im Grab blieb, kein Stein unveränderbare Tatsachen
schaffen konnte und Gott mitten unter uns ist, deshalb feiern wir die
Osternacht.
Die Feier der Osternacht findet in unserer
Kirchengemeinde am Ostersonntag, morgens um 5:30 Uhr statt. Sie bildet
den Übergang der besinnlichen Gottesdienste am Gründonnerstag
und Karfreitag hin zum Licht und zum Fest des Ostersonntags.
Traditionelle
Symbole stehen in der Osternacht im Vordergrund: Licht und Wasser. Wir
denken an Gottes Schöpfung, wir erinnern an die Taufe mit dem
Leben spendenden Wasser, den Beginn mit Gottes Zusage an uns Menschen.
Dann nehmen wir uns Zeit zur Klage: Kyrie, Gott, höre unsre Klage
in der Dunkelheit. Was ist aus unserer Welt geworden? Noch ist es in
unserer Kirche still und dunkel. Einzige Lichtquelle ist die leuchtende
Osterkerze, die unsere Taufgottesdienste im vergangenen Jahr begleitet
hat. Mit dem aufgehenden Morgenlicht und dem Entzünden der neuen
Osterkerze erfahren wir das Neue, Helle, Mutmachende an Ostern. Zur
Orgelbegleitung werden Osterlieder gesungen, während das Licht der
neuen Osterkerze an viele kleine Kerzen weitergegeben wird.
Anschließend
feiern wir das gemeinsame Abendmahl, bei dem alle Anwesende im
großen Kreis um den Altar stehen. Im Evangelischen Gemeindehaus
sind die Tische bereits gedeckt und Kaffee und Tee stehen einladend
bereit zum Osterfrühstück. Auf jedem Tisch finden wir ein
Körbchen voller Ostereier, die Frauen aus unserer Gemeinde nach
alter Tradition mit Zwiebelschalen und Kräutern gefärbt
haben.
„Feiern Sie mit uns die Osternacht. Ausschlafen können Sie woanders..“
Sollten Sie nicht so früh aufstehen wollen, laden wir Sie herzlich ein zu unserem
Ostergottesdienst um 10 Uhr unter Mitwirkung des Kirchenchors oder zum
Gottesdienst am Ostermontag, ebenfalls ab 10 Uhr.
Christiane Mohr
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